New Work und mentale Gesundheit: Erfolgsstrategien für HR

5.8.2024

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und moderne Büros mit Wohlfühlfaktor? Daran denken viele, wenn von New Work die Rede ist. Doch hinter dem Konzept steckt mehr. Richtig umgesetzt, kann es zu einem kraftvollen Hebel zur Förderung von mentaler Gesundheit und so von Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität werden. Dieses Potenzial nutzen viele Unternehmen jedoch noch nicht. Was ist also New Work? Was hat New Work mit mentaler Gesundheit zu tun? Und wie sieht eine New-Work-Arbeitswelt aus, von der sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende profitieren?

Likeminded Redaktion

Inhalt

Was ist mit New Work gemeint?

New Work steht für eine neue Art des Arbeitens, die den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft gerecht wird. Die Haufe Akademie schreibt New Work diese Bedeutung zu:

New Work beschreibt den strukturellen Wandel in unserer Arbeitswelt – bedingt durch die Digitalisierung und die neuen Anforderungen und Bedürfnisse nachfolgender Generationen.

Mit ihren anhaltenden Krisen und Konflikten haben die letzten Jahre die Werte und Vorstellungen von Menschen aller Altersgruppen nachhaltig verändert. Vor allem die Pandemie hat gezeigt, wie flexibel Arbeit sein kann. Im Zusammenspiel mit der Digitalisierung entstanden so Arbeitsmodelle, mit denen viele von uns eine ganz neue Balance zwischen Beruflichem und Privatem erlebten.

Genau diese Work-Life-Balance steht auch im Mittelpunkt des New-Work-Konzepts, das mittlerweile knapp fünfzig Jahre alt ist. Den New-Work-Begriff prägte der Arbeitsphilosoph Frithjof Bergmann als eine Art Gegenpol zu den hierarchischen und starren Arbeitsmodellen der 1970er Jahre. Neben der Work-Life-Balance definierte Bergmann die Selbstbestimmung und die Sinnhaftigkeit als grundlegende Faktoren einer erfolgreichen New-Work-Umgebung.

New Work und mentale Gesundheit: So beeinflusst New Work das Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Warum Selbstbestimmung, Sinnhaftigkeit und Work-Life-Balance? Weil diese drei Faktoren die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz und damit die Zufriedenheit und auch die Produktivität der Mitarbeitenden steigern. New Work bringt Unternehmen aber nicht nur Chancen. Es gibt auch eine Reihe von Herausforderungen, die HR-Beauftragte bei diesem Thema im Auge behalten sollten.

Die Chancen: Welche Aspekte von New Work fördern die mentale Gesundheit?

Zu den positiven Effekten von New Work auf die mentale Gesundheit zählen unter anderem:

1) Mehr Flexibilität

In New-Work-Umgebungen können Mitarbeitende öfter selbst entscheiden, zum Beispiel wenn es darum geht, wann und wo sie arbeiten. So lassen sich Beruf und Privatleben besser vereinbaren. Das wiederum reduziert Stress und steigert die Zufriedenheit – ein klares Plus für die mentale Gesundheit.

2) Mehr Selbstbestimmung

Neben Flexibilität erfüllt New Work auch das menschliche Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Wenn Mitarbeitende dank demokratischer Führungskultur und flachen Hierarchien Entscheidungen selbst und in Eigenverantwortung treffen können, sind sie in der Regel motivierter und tun zugleich etwas für ihren Selbstwert. Man spricht auch von psychologischem Empowerment. Dieses erhöht die Lebensqualität und damit auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

3) Sinnhaftigkeit und Selbstentfaltung

Die Sinnhaftigkeit der Arbeit ist die dritte Säule des New-Work-Konzepts: Arbeitskräfte sollen nicht nur ihren Job erledigen, sondern in ihrer Tätigkeit auch einen tieferen Sinn finden und persönliche Stärken einbringen. Sie sollen sich also selbst entfalten können und das Gefühl haben, mit ihrer Arbeit etwas zu bewirken. Mitarbeitende, die ihre Talente entfalten können, sind motivierter und zufriedener.

Die Herausforderungen: Welche Risiken birgt New Work für die mentale Gesundheit?

Zu viel Flexibilität und ein zu starker Fokus auf die Sinnhaftigkeit der Arbeit können manchmal auch negative Folgen haben. Nicht alle Menschen sind bereit oder fähig, mit all den Freiheiten, die ein New-Work-Umfeld mit sich bringt, im Alltag richtig umzugehen. Zu den größten Risiken zählen:

1) Komplexität und zunehmender Druck

Die Digitalisierung hat unsere Arbeit effizienter und flexibler, aber auch schnelllebiger und komplexer gemacht. Der Druck, stets erreichbar zu sein und Aufgaben mithilfe von KI und Co. immer schneller zu erledigen, steigt. All die tollen neuen Tools, die uns unter die Arme greifen, haben gleichzeitig zu einer Verdichtung der Arbeit geführt. Das bedeutet, dass wir in der gleichen Zeit mehr Arbeit schaffen, was zur Folge haben kann, dass wir uns überfordert und gestresst fühlen.

2) Fehlende Trennung von Beruf und Privatleben

Im Homeoffice schalten wir noch schnell die Waschmaschine ein und beim Abholen der Kinder erklären wir der neuen Kollegin am Handy noch rasch, wo sie die dringend benötigte Datei findet. Bei alledem bleibt nicht selten eines auf der Strecke: die Pausen. Langfristig kann eine fehlende Work-Life-Balance zu Erschöpfung und mentalen Problemen wie Burnout führen.

3) Mangelnde Kommunikation und soziale Interaktion

Mitarbeitenden, die es gewohnt waren, ihre Kolleginnen und Kollegen jeden Tag im Büro zu sehen, fehlt es im Homeoffice häufig an sozialem Austausch. Projekte werden meist gezielt in Videotelefonaten und Chats besprochen, aber die Gespräche abseits davon – der entspannte Small Talk an der Kaffeemaschine – bleiben in der digitalen Welt auf der Strecke. Zudem birgt die digitale Kommunikation ein größeres Risiko für Missverständnisse und damit für Konflikte im Team. 

Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, was Unternehmen tun können, um die Chancen von New Work bestmöglich zu nutzen und die damit verbundenen Risiken zu minimieren.

Strategien: So kann HR mentale Gesundheit in einem New-Work-Umfeld unterstützen

Mit gezielten Strategien und einer Reihe praktischer Maßnahmen können Unternehmen die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden in einer New-Work-Umgebung schützen und stärken:

  1. Flexible Arbeitsmodelle: Biete verschiedene flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice, Gleitzeit oder Teilzeitarbeit an, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht zu werden. Auch mehrere Arbeitsstandorte, zum Beispiel in Form von Coworking-Büros, aus denen Mitarbeitende wählen, machen die Menschen örtlich flexibler und können für Abwechslung sorgen.
  2. Klare Kommunikation: Vermeide Missverständnisse, indem du Kommunikationswege definierst und deine Erwartungen klar kommunizierst. Wie wäre es zum Beispiel mit regelmäßigen ungezwungenen Videotelefonaten, digitalen Kaffeepausen sozusagen, bei denen außerhalb der gemeinsamen Projekte ein Austausch möglich ist? Auch die Führungskräfte in deinem Unternehmen sollten wissen, wie erfolgreiche Kommunikation in einem hybriden Arbeitsumfeld aussehen kann.
  3. Gesundheitsfördernde Maßnahmen: Prüfe das betriebliche Gesundheitsmanagement in deinem Unternehmen und biete Ressourcen und Programme an, die gezielt gegen die oben genannten Risiken wirken. Das kann ein breit angelegtes Programm für mentale Gesundheit inklusive Trainings für mehr Resilienz im Alltag sein, ein regelmäßig stattfindender Gesundheitstag mit Vorsorgechecks oder mehr Flexibilität bei Arbeitszeitgestaltung und Urlaubsplanung zur Förderung einer gesunden Work-Life-Balance sein.
  4. Positive Unternehmenskultur: Die Unternehmenskultur in deinem Betrieb entscheidet darüber, wie Mitarbeitende für sich und miteinander arbeiten, kommunizieren, mit Konflikten umgehen und Feedback geben. Damit New Work funktionieren kann, ist es wichtig, dass die Unternehmenskultur der mentalen Gesundheit aller zuträglich ist. Pausen machen, Selbstfürsorge priorisieren, Arbeitszeit individuell einteilen, meetingfreie Zeiten etablieren, im Urlaub das Smartphone ausschalten – all das sollte im Rahmen einer positiven Unternehmenskultur nicht nur erlaubt, sondern explizit gewünscht sein und gefördert werden.
  5. Schulung und Weiterbildung: Damit alle Mitarbeitenden – allen voran die Führungskräfte – die Fähigkeiten besitzen, die sie in einem New-Work-Umfeld benötigen, empfehlen sich regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen. Nur so stellst du sicher, dass sich jede Arbeitskraft an die Anforderungen der modernen Arbeitswelt anpassen kann und dass die Führungskräfte in deinem Unternehmen den Risiken von New Work aktiv entgegenwirken.
  6. Informationen und Ressourcen: Stelle sicher, dass Mitarbeitende und Führungskräfte jederzeit Zugriff auf Ressourcen haben, die sie dabei unterstützen, sich um die eigene mentale Gesundheit zu kümmern. Das können Trainings, interne Ansprechpersonen, digitale Plattformen wie Likeminded oder spezifische E-Learning- und Kontaktangebote sein.

Welche Rolle spielen Führungskräfte im Kontext von New Work und mentaler Gesundheit?

„Gute Führung ist der Schlüssel“, bringt es New-Work-Expertin Laura Bornmann in einem Interview auf den Punkt. Da New Work stark von der Unternehmenskultur beeinflusst wird und sich erheblich auf die Arbeitsweise und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz auswirkt, liegt es nicht nur an der Geschäftsführung und an HR, die richtigen Maßnahmen zu setzen. In der täglichen Arbeit sind es vor allem die Führungskräfte, die grundlegende Werte und Überzeugungen (vor)leben.

Führungskräfte sind auch die, die täglich im Austausch mit ihren Teams stehen und daher am ehesten erkennen, wenn bei einem Teammitglied etwas nicht passt. Dafür müssen Führungskräfte mentale Probleme erkennen und die passenden Ressourcen und Tools an der Hand haben, um Unterstützung – intern wie extern – anzubieten. Darüber hinaus empfehlen sich gezielte Führungskräftetrainings zu Kernthemen wie mentale Gesundheit im Allgemeinen oder Stressbewältigung im Speziellen.

Psychologin und Likeminded Co-CEO Kimberly Breuer nennt fünf konkrete Strategien, die essenziell sind, wenn Führungskräfte die mentale Gesundheit ihrer Teams fördern möchten:

  • Einfühlungsvermögen:
    Führungskräfte sollten empathisch sein, aktiv zuhören können und ihr eigenes Verhalten immer wieder reflektieren.
  • Offene Kommunikation:
    Offene, ehrliche und gewaltfreie Kommunikation fördert das Vertrauen, kann Unsicherheiten nehmen und den Stress senken.
  • Wertschätzung:
    Damit Menschen motiviert und produktiv sind, müssen sie für ihre Leistungen Anerkennung erhalten. In Teams ist dies primär Aufgabe der Führungskräfte.
  • Vulnerabilität:
    Wenn Führungskräfte den Mut haben, sich zu öffnen und über ihre Gefühle zu sprechen, geben sie auch ihrem Team die Möglichkeit, dasselbe zu tun.
  • Unterstützung der mentalen Gesundheit:
    Wenn Führungskräfte mentale Herausforderungen erkennen und die Möglichkeiten haben, Betroffenen Unterstützung anzubieten, stehen die Chancen gut, dass die Produktivität ihres Teams hoch bleibt.

Darüber hinaus solltest du neben den Führungskräften auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für New Work nicht aus den Augen verlieren.

Welche gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen sind für New Work relevant?

In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die in einer New-Work-Umgebung eine Rolle spielen können.

-        Flexible Arbeitszeiten wie Gleitzeit oder Teilzeit sowie Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten sind bekannterweise im Arbeitszeitgesetz geregelt.

-        Darüber hinaus sieht zum Beispiel das Arbeitsschutzgesetz vor, dass Arbeitgeber Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Ergonomie am Arbeitsplatz treffen. Das gilt auch bei Remote Work und Homeoffice – also immer dann, wenn sich der Arbeitsplatz außerhalb der Büroräumlichkeiten befindet.

-        Natürlich greift auch bei New Work die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie spielt vor allem dann eine Rolle, wenn ihr digitale Tools und Plattformen in der Zusammenarbeit nutzt.

-        Auch in Tarifverträgen und betrieblichen Vereinbarungen finden sich immer häufiger Regelungen, die für New Work relevant sein könnten.

Fazit

New Work bietet deinem Unternehmen zahlreiche Chancen, um etwas für die mentale Gesundheit der Belegschaft zu tun und sich als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Um diesen Mehrwert zu maximieren, ist es wichtig, dass du auch die Herausforderungen kennst, die New-Work-Umgebungen in Hinblick auf das Wohlbefinden am Arbeitsplatz mit sich bringen.

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