Was ist Unternehmenskultur und warum ist sie so wichtig?
Die Unternehmenskultur, oft auch als "Charakter" eines Unternehmens bezeichnet, umfasst die gemeinsamen Werte, Überzeugungen und Praktiken, die das Verhalten und die Einstellungen der Mitarbeitenden prägen. Sie manifestiert sich in der Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird, wie mit Konflikten und Fehlern umgegangen wird, wie Feedback gegeben wird und wie Entscheidungen getroffen werden. Neue Mitarbeitende werden mit diesen kulturellen Normen konfrontiert und müssen sich mit ihnen auseinandersetzen, wobei diese Überzeugungen mit der Zeit zu unbewussten Selbstverständlichkeiten und damit zu einem Teil der Kultur werden.
Die Kultur eines Unternehmens entsteht unabhängig davon, ob sie bewusst gestaltet wird oder nicht und ist ein kritischer Erfolgsfaktor. Eine positive Unternehmenskultur fördert die Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, macht sie produktiver und trägt damit zum Gesamterfolg des Unternehmens bei. Eine vernachlässigte oder negative Kultur hingegen kann teuer zu stehen kommen, indem sie beispielsweise durch schlechte Kommunikation, zu hohen Konkurrenzdruck oder ungesunden Umgang mit Konflikten demotivierend wirkt. Unternehmen sind daher gut beraten, eine Kultur zu fördern, die sich positiv auf die Mitarbeiter auswirkt.
Ein Modell der Unternehmenskultur
An dieser Stelle wird bereits deutlich: Unternehmenskultur ist nicht eindeutig fassbar, sondern setzt sich aus einer Vielzahl sichtbarer und unsichtbarer Faktoren zusammen.
Das Kulturebenen-Modell von Edgar Schein ordnet die Faktoren der Unternehmenskultur anhand ihrer Sichtbarkeit in drei Ebenen:
- Die Artefakte (z.B. Symbole, Kleidung, Unternehmenssprache) auf der ersten Ebene sind prinzipiell sichtbar und bewusst.
- Die zweite Ebene umfasst Normen und Werte des Unternehmens. Diese sind teilweise bewusst und teilweise sichtbar.
- Auf der dritten Ebene sind die Grundannahmen (d.h. bspw. Einstellungen, Überzeugungen oder soziale Beziehungen) verortet. Diese sind unsichtbar und auch unbewusst, beeinflussen sowohl das Denken als auch das Verhalten der Unternehmensmitglieder und bilden die Basis einer Unternehmenskultur.
Wozu gibt es Kultur in Unternehmen?
Kultur ist ein mächtiger Hebel für den Erfolg und die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens – vor allem, wenn es sich um eine starke bzw. positive Unternehmenskultur handelt (dazu mehr im Folgenden). Die Aussage des bekannten Management-Theoretikers Peter Drucker – „Culture eats strategy for breakfast“ – drückt aus, dass Unternehmenskultur in der Lage ist, die Implementierung einer Strategie zu verhindern, die sich nicht mit der Kultur deckt. Andersherum gilt: Wenn eine starke positive Unternehmenskultur gut mit der Strategie und der Unternehmensführung abgestimmt ist, lässt sich die Leistung eines Unternehmens steigern.
Woran erkennt man eine positive Unternehmenskultur?
Grundsätzlich gilt: Eine positive Unternehmenskultur stellt positive Beziehungen, offene Kommunikation, Zusammenarbeit und Innovation in den Vordergrund.
Im Vergleich dazu kann man eine ineffektive Unternehmenskultur daran erkennen, dass beispielsweise:
- durch Angst geführt wird und Mitarbeitende im Absicherungsmodus handeln.
- überdurchschnittlich hohe Abwesenheiten (u.a. Krankheitstage) und Fluktuation auftreten.
- Zusagen nicht eingehalten werden - egal ob vom Management oder von den Mitarbeitenden - und die Produktivität niedrig ist.
- schlechte Stimmung, Schuldzuweisungen und Misstrauen spürbar sind.
Erkennungsmerkmale einer positiven Unternehmenskultur können insbesondere sein:
- Kommunikation ist offen und transparent.
- Zusammenarbeit und Teamwork werden unterstützt und gefördert.
- Die Unternehmenswerte werden sowohl vom Management als auch von den Mitarbeitenden (vor-)gelebt.
- Probleme werden als Herausforderungen und Fehler als Lernerfahrung betrachtet. Außerdem werden Lösungen und nicht Probleme fokussiert.
- Innovation wird gefördert.
- Der eigene Beitrag zum Unternehmenserfolg wird hervorgehoben.
- Wertschätzung prägt das Miteinander; Feedback wird offen und konstruktiv vermittelt.
- Der Gesundheit von Mitarbeitenden - sowohl der mentalen als auch der körperlichen - wird mehr Beachtung geschenkt.
Unternehmenskultur und mentale Gesundheit
Diese Art und Weise, mit Konflikten und Fehlern umzugehen, wirkt sich auch in erheblichem Ausmaß auf die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden eines Unternehmens aus. In Unternehmen, in denen oben genannte Merkmale einer positiven Unternehmenskultur für die Mitarbeitenden erlebbar sind, herrscht ein Klima, in dem Zufriedenheit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit wachsen können. Demgegenüber können ineffektive Unternehmenskulturen die mentale Gesundheit beeinträchtigen.
Der Zusammenhang zwischen einer positiven Unternehmenskultur und mentaler Gesundheit wird zu großen Teilen durch Führung geprägt: Da Führungskräfte die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und das Miteinander maßgeblich bestimmen, sind sie für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden (mit-)verantwortlich. Ihr Verhalten, ihre Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie ihre Ansätze, mit Belastungen umzugehen und Probleme zu lösen, geben wertvollen Halt und Orientierung. Außerdem braucht eine gesunde Unternehmenskultur ein gemeinsames Wertesystem und ein vertrauensvolles Miteinander.
Welche Vorteile hat eine positive Unternehmenskultur?
Eine positive Unternehmenskultur bringt neben den bereits erwähnten viele weitere Vorteile für die Mitarbeitenden sowie die gesamte Organisation mit sich:
- Mitarbeitende fühlen sich wohl, sind engagiert, leistungsfähiger und -bereiter (höhere Produktivität).
- Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden ist höher.
- Mitarbeitende sind mental und körperlich gesünder.
- Die Arbeitgeberattraktivität steigt: Talente können gewonnen und gehalten werden.
- Die Fluktuation ist geringer.
- Das Unternehmen ist innovativer und agiler.
- Unternehmen erreichen ihre gesteckten Ziele.
Tatsache ist also: Eine stabile, positive Unternehmenskultur steht in direktem Zusammenhang mit der Produktivität und dem Gewinn eines Unternehmens sowie mit dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Daher ist es offensichtlich, dass es das Ziel von Unternehmen sein sollte, eine positive Kultur zu gestalten.
Wie kann eine positive Unternehmenskultur geschaffen werden?
Unternehmenskultur ist grundsätzlich sehr stabil – mit einem konkreten Plan, viel Arbeit und Zeit kann jedoch eine nachhaltige Veränderung angestoßen werden.
Es gibt verschiedene Hebel, die Unternehmensverantwortliche nutzen können, um die Kultur positiv zu gestalten:
- Werte & Unternehmensleitbild: Werte bieten hilfreiche Orientierung im Arbeitsalltag – vor allem, wenn diese offen und klar vermittelt und kommuniziert werden. Darüber hinaus sollten die gemeinsamen Werte und das Leitbild auch von allen Mitgliedern eines Unternehmens gelebt werden.
- Kommunikation: Eine offene und transparente Kommunikation, Wertschätzung im Miteinander und die Etablierung einer Feedbackkultur tragen dazu bei, das Vertrauen zu fördern und stärkere Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Management aufzubauen.
Dies kann zu einer effektiveren Entscheidungsfindung, einer besseren Zusammenarbeit und wahrgenommener Sicherheit auf Seiten der Mitarbeitenden führen. Gemäß dem Axiom von Paul Watzlawik „Man kann nicht nicht kommunizieren“ gilt es außerdem, sowohl der direkten als auch der indirekten Kommunikation Aufmerksamkeit zu schenken.
- Führung: Gute Führung führt auf Seiten der Mitarbeitenden zu Engagement und einer positiven Wahrnehmung der Unternehmenskultur. Eine gute Führungskraft vermittelt, dass jede und jeder Einzelne gebraucht wird, um ein größeres Ziel zu erreichen. Sie motiviert, regt zu Kreativität und Innovation an, stiftet Identifikation und schafft Zusammengehörigkeit, was erfolgskritische Faktoren für eine Organisation sind.
- Arbeitsumgebung und -bedingungen: Für eine positive Unternehmenskultur braucht es nicht unbedingt den Obstkorb und den Tisch-Kicker; vielmehr sollte für einige grundlegende Umgebungsfaktoren gesorgt werden, wie z.B. aktuelles und funktionierendes Material im Sinne der IT-Landschaft und Software sowie Grundbedürfnisse, wie geregelte Arbeitszeiten.
- Zusammenarbeit und Teamwork: Eine positive Unternehmenskultur betont auch die Zusammenarbeit und Teamwork, indem Mitarbeitende zur Zusammenarbeit ermutigt sind, Ideen austauschen und sich gegenseitig bei der Erreichung gemeinsamer Ziele unterstützen. Dies fördert das Gemeinschaftsgefühl und die Teamarbeit, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Produktivität beitragen kann.
Darüber hinaus ist psychologische Sicherheit ein elementarer Bestandteil: Um eine kreative, innovative und nachhaltig produktive Organisation zu schaffen, muss der Arbeitsalltag frei von Angst vor Verurteilungen oder negativen Konsequenzen sein. Fehler sollten nicht als Scheitern, sondern als Lernerfahrung verstanden werden (Stichwort Fehlerkultur). Die Vermittlung von psychologischer Sicherheit liegt vor allem in der Verantwortung der Führungskräfte und der Unternehmensleitung.
- Vielfalt: Diversität fördert nachweislich Produktivität, Innovation, Kreativität und Entscheidungsfähigkeit. Wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Alter oder Geschlecht gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten, tragen die vielfältigen Blickwinkel zu einem besseren Ergebnis bei.
- Die Rolle von HR (Human Resources): Die Personalabteilung kann die Unternehmenskultur positiv beeinflussen, indem ihre Mitarbeitenden zum einen Vorbild sind, die Werte internalisieren und in Verhalten übersetzen.
Zum anderen trägt eine Personalstrategie, die Weiterbildung fördert, Führungskräfte schult und Entscheidungen des Managements frühzeitig kommuniziert, zu einer positiven Unternehmenskultur bei.
Ein 4-Schritte-Leitfaden für HR für eine positive Unternehmenskultur
Welche Maßnahmen HR-Teams ergreifen können, hängt stark von der Kultur in ihrem Unternehmen hat. Wir haben eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für dich, die dir hilft, die für dich und dein Unternehmen passenden Maßnahmen zu finden.
Schritt 1 – Der Status Quo
Bevor du beginnst, an der Unternehmenskultur zu schrauben, solltest du wissen, wo ihr aktuell steht. Um das herauszufinden, kannst du anonyme Mitarbeiterbefragungen durchführen oder in Workshops den Status Quo erarbeiten. Auch sogenannte Pulse Checks, also kurze, dafür aber sehr häufige Umfragen zu Kernthemen wie Motivation oder Wohlbefinden am Arbeitsplatz, können dir wertvolle Insights liefern. Finde heraus, was die Belegschaft gerade beschäftigt, was bereits gut läuft und wo sich Lücken auftun.
Schritt 2 – Die Ziele
Sobald du weißt, wo dein Unternehmen in Sachen Unternehmenskultur steht, kannst du beginnen, Ziele zu formulieren. Überlege dir dafür, was sich bis wann ändern sollte, und achte darauf, dass die Ergebnisse messbar sind. Zeigt deine Umfrage zum Beispiel, dass viele Mitarbeitende das Gefühl haben, nicht immer die notwendige Information über offizielle Kanäle zu erhalten, könntest dein Ziel lauten: In 6 Monaten sollen mindestens 80 Prozent der Befragten angeben, dass sie die Unternehmensinformationen, die sie im Arbeitsalltag benötigen, direkt aus offizieller Quelle erhalten.
Schritt 3 – Die Maßnahmen
Jetzt wird es konkret. Bevor du dir praktische Maßnahmen zu den zuvor definierten Zielen überlegst, empfiehlt es sich, mit Unternehmenswerten und einem Leitbild eine gute Basis zu schaffen.
1) Unternehmenswerte und -leitbild definieren
Falls dein Unternehmen noch keine Werte und kein Leitbild hat, dann ist es spätestens jetzt an der Zeit, das nachzuholen. Die Werte deines Unternehmens helfen nicht nur deiner Abteilung beim Formen und Fördern der gewünschten Kultur, sondern auch allen anderen Mitarbeitenden. Für sie sind klar kommunizierte Werte und Leitbilder eine Orientierung im Arbeitsalltag. Wie bei allen grundlegenden Dingen gilt auch hier: Am besten holst du dir Feedback von allen Seiten und lässt dich von denen leiten, um die es am Ende geht: den Mitarbeitenden. Gemeinsam geschaffene Werte tragen sich nämlich leichter.
2) Recruiting- und Onboarding-Richtlinien etablieren
Die Kultur in deinem Unternehmen kann langfristig nur Bestand haben, wenn du die dazu passenden Mitarbeitenden ins Unternehmen holst. Daher kann es helfen, für die Recruiting- und Onboarding-Prozesse klar zu definieren, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen gewünscht sind und welche nicht. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Werte und das Leitbild nach außen zu kommunizieren und auch bei Gesprächen mit Interessent:innen die Kultur zum Thema zu machen. Spätestens nach dem Onboarding sollten Werte, Leitbild, Vision, Mission und Strategie klar sein.
3) Kommunikationskultur verbessern
Die Art, wie in deinem Unternehmen kommuniziert wird, ist ein wesentlicher Teil der Unternehmenskultur. Gehe also mit gutem Beispiel voran und kommuniziere offen, transparent und wertschätzend. Auch eine Feedbackkultur ist von großer Bedeutung. Nur so fühlen sich die Mitarbeitenden gesehen, gehört und ernst genommen, was im Gegenzug zu Vertrauen und Wohlbefinden führt. Welche Kommunikationskanäle stehen dir intern zur Verfügung? Nutze sie und motiviere auch andere, allen voran eure Führungskräfte, sie regelmäßig zu verwenden. Mit klar geregelten Feedbackprozessen und Kommunikationstrainings kannst du außerdem das Bewusstsein für eine positive Kommunikationskultur im Unternehmen verbessern.
4) Führungskompetenzen stärken
In einer Umfrage von Inc. gaben 91 Prozent der befragten Mitarbeiter:innen an, dass es ihren Führungskräften an Kommunikationskompetenz mangelt. Und laut einer Umfrage von Compensation Partner kündigten mit 45 Prozent die meisten Befragten ihren letzten Job, weil ihnen die Wertschätzung von oben fehlte. Führungskräfte zu schulen, ist demnach in den meisten Organisationen eine gute Idee – und einer positiven Unternehmenskultur sehr zuträglich. Solche Schulungen sind auch die perfekte Gelegenheit, um die Führungskräfte in deinem Unternehmen für ihre Vorbildfunktion in Hinblick auf eure Werte und euer Leitbild zu sensibilisieren.
5) Mentale Gesundheit zum Fokus machen
Die letzten beiden Maßnahmen spielen hier bereits hinein: Die mentale Gesundheit deiner Kolleg:innen ist ein wichtiger Faktor, auch und vor allem für die Kultur, die in deinem Unternehmen gelebt wird. Mit Programmen zur Verbesserung der mentalen Gesundheit steigerst du nicht nur das Wohlbefinden und die Produktivität. Mögliche Schwerpunkte und Maßnahmen in diesem Bereich könnten sein: Stressmanagement, persönliches Coaching, Austauschgruppen mit Gleichgesinnten, Burn-out-Prävention und Ähnliches.
Schritt 4 – Messen und Optimieren
Last but not least: Messen nicht vergessen. Überlege dir am besten schon vorab, wie oft du bei den Mitarbeitenden nachfragen willst und welche anderen Möglichkeiten du hast, um deine Kennzahlen zu erheben. Vielleicht nutzt dein Team je bereits eine Plattform wie Likeminded, die Daten, Reports und Insights liefert.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine positive Unternehmenskultur für jedes Unternehmen, das in der heutigen schnelllebigen und wettbewerbsintensiven Geschäftswelt erfolgreich sein will, unerlässlich ist. Indem sie Offenheit, Zusammenarbeit, Innovation und Kommunikation in den Vordergrund stellen, können Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt, engagiert und motiviert fühlen und dadurch zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
Was heißt dies nun für dich?
Auch du kannst bei der Gestaltung einer positiven Unternehmenskultur an deinem Arbeitsplatz mitwirken, indem du zunächst darüber nachdenkst, in welcher kulturellen Unternehmensumgebung du grundsätzlich arbeiten möchtest und was diese ausmacht. Im nächsten Schritt kannst du dein Unternehmen aufmerksam nach den entscheidenden Faktoren sowie den oben genannten Hebeln für eine positive Unternehmenskultur analysieren, selbst als Vorbild vorangehen und in deinem Team erste Maßnahmen zur Kulturveränderung besprechen.