4 von 10 Mitarbeitenden weltweit scheinen in Erwägung zu ziehen, ihren aktuellen Job zu kündigen, so die neuesten Zahlen des Annual Work Trend Index Report von Microsoft. Was Arbeitgeber:innen aktuell jedoch noch mehr beschäftigt, sind die Mitarbeitenden, die sich für “Quiet Quitting” entschieden haben.
Was ist Quiet Quitting?
Beim Quiet Quitting wird nicht der eigentliche Job gekündigt, sondern die Bereitschaft, über die Pflichten der eigenen Rollen hinauszugehen.
So haben sich Erwartungen von Arbeitnehmenden verändert
Fällt in einem Satz der Begriff Quiet Quitting, folgt in der Regel schnell “GenZ”. Deren neues Wertesystem, das mehr Fokus auf Sinn und Bedeutsamkeit statt steile Karriereleitern und Gehalt legt, wird oft als treibende Kraft hinter der Distanzierung vom Job genannt.
Doch auch über GenZ hinaus haben sich die Erwartungen von Arbeitnehmer:innen verändert. Laut Gallup sind nur 21% aller Mitarbeitenden weltweit engagiert, nur ein Drittel würde ihr insgesamtes Wohlbefinden als gut beschreiben. Stress hingegen hat erneut ein Allzeithoch erreicht. Die Option, remote und hybrid zu arbeiten, hat für viele Arbeitnehmer:innen neue Möglichkeiten eröffnet.
Parallel zeigt das World Economic Forum auf, dass sich die psychische Gesundheit weltweit seit Beginn der Pandemie deutlich verschlechtert hat. 80% der Young Professionals sind von Depressionen, Ängsten und Unzufriedenheit betroffen. Diese Dynamik ist jedoch nicht nur auf die Pandemie zurückzuführen. Auch Umweltkrisen, Krieg, finanzielle Unsicherheiten und Rezession tragen zu diesem Trend weiter bei.
Ursachen und Gründe für Quiet Quitting
Nicht wenige Mitarbeitende haben das Gefühl, dass es für sie wenig Handlungsspielraum gibt, Dinge zu verändern. Sei es aufgrund von schlechten Erfahrungen oder einer impliziten Erwartungshaltung. Das Gefühl der psychologischen Sicherheit, solche Themen im Unternehmen offen ansprechen zu können, ist ein weiterer wichtiger Faktor.
Auch eine fehlende Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Vision kann dazu führen, dass Unzufriedenheit nicht angesprochen wird. Durch die fehlende Bindung zur Organisation wird oft auch weniger Verpflichtung empfunden, dies offen zu adressieren.
Und zu guter Letzt ist das Thema mentale Gesundheit immer noch sehr stigmatisiert. Die eigene Unzufriedenheit, das Unwohlsein, Unsicherheiten oder Ängste anzusprechen, ist für viele eine große Herausforderung. Manche fürchten sich, schwach auszusehen oder ein schlechtes Bild auf sich zu werfen, andere wollen möglichen Konflikten aus dem Weg gehen.
Allen gemeinsam ist in der Regel, dass es jenen, die bereits belastet sind, noch schwerer fällt, laut auszusprechen, dass sie ein Problem haben und sich schwierigen Gesprächen zu stellen.
Maßnahmen für Unternehmen, um Talente in der Zukunft zu halten und Mitarbeitermotivation zu fördern
Was klar wird, ist, dass Frustration auf beiden Seiten besteht. Es gibt jedoch klar definierte Schritte, die Unternehmen gehen können, sodass Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:innen statt Quiet Quitting den gemeinsamen Erfolg und beidseitige Zufriedenheit in den Fokus rücken:
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Employee Wellbeing und psychologische Sicherheit
Employee Wellbeing und Mitarbeiter:innen-Engagement stehen in klarer Wechselwirkung zueinander. Wenn Mitarbeitende engagiert sind und sich wohl fühlen, haben sie deutlich weniger Stress, Ärger und gesundheitliche Probleme. Zudem beeinflussen sich Wohlbefinden am Arbeitsplatz und das allgemeine Wohlbefinden in beide Richtungen. So kann durch die richtigen Employee Wellbeing Maßnahmen eine positive Aufwärtsspirale hinsichtlich Wohlbefinden und Engagement geschaffen werden.
Die Möglichkeiten sind vielseitig - mit minimalem Aufwand kann als erster Schritt z.B. ein Meeting-freier Tag eingeführt werden. Mit gezielten Investitionen in beispielsweise eine Mental Health Plattform kann allen Mitarbeitenden zu jeder Zeit schneller und einfacher Zugang zu personalisierten Lösungen gegeben werden.
Psychologische Sicherheit ist für leistungsstarke Teams unerlässlich: Sie ermöglicht den Austausch von Ideen, das Eingestehen von Fehlern und das Lernen daraus, das Aufzeigen von Risiken und das Hinterfragen (und Verbessern) der Art und Weise, wie wir Dinge tun. Ein kurzes Assessment kann schnell Einblicke geben, was der Status Quo im Team oder der Organisation ist und wo Verbesserungspotenziale liegen.
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Anerkennung und Wertschätzung
Laut Studien geben 79% der Arbeitnehmer:innen an, dass Quiet Quitting kein Thema mehr für sie wäre, wenn sie mehr Anerkennung bekämen. Hierfür eignen sich regelmäßige 1-on-1 Feedbackgespräche, aber auch weniger aufwendige Maßnahmen wie ein paar Minuten Zeit für Kudos im nächsten All-Hands oder eine kurze Nachricht zu wöchentlichen Erfolgen per Mail ans Team.
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Angemessene Arbeitsbelastung und realistische Ressourcenplanung
Ein Blick auf die genaue Definition von Quiet Quitting macht deutlich, dass auch eine realistische Kapazitätsplanung wichtig ist. Denn Quiet Quitting heißt im Grunde, dass Mitarbeitende genau den Job machen, für den sie angestellt wurden, jedoch keine unbezahlte Extra-Arbeit mehr leisten wollen. Unternehmensziele sollten demnach mit den geplanten Ressourcen zu erreichen sein. Zudem können Führungskräfte regelmäßig mit ihren Mitarbeitenden über deren Arbeitsbelastung sprechen und somit gemeinsam die Planung verbessern und Erwartungen auf beiden Seiten besser managen.
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Die richtige (Kommunikations-)Infrastruktur für wichtige und kritische Gespräche
Unternehmen sollten dafür sorgen, dass es klare Regeln für die Kommunikation gibt, wenn jemand mit seiner/ihrer Arbeit hadert oder Zweifel bezüglich des Jobs aufkommen. Es sollte die Möglichkeit geben, mit Vorgesetzten und/oder dem People Team zu sprechen, um gemeinsam eine Lösung zu finden.
Ansprechpartner:innen können hierfür einen Raum schaffen, indem sie solche Themen offen im Team ansprechen und aufzeigen, dass beide Optionen, bleiben (mit Anpassungen) und gehen, möglich sind.
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Eine gesunde Sichtweise auf Fluktuation
Zuletzt sollten insbesondere Führungskräfte auch eine gesunde Einstellung zu Kündigungen und Fluktuation entwickeln. Sie sollten Mitarbeitende mit gutem Willen gehen lassen, wenn diese nicht mehr zu halten sind und keine Angst vor solchen Gesprächen schüren. Wenn Mitarbeitende kündigen wollen, aber es nicht tun, ist das Problem noch viel größer. Dann arbeiten diese oft als unmotivierte Arbeitnehmer:innen weiter und verändern die Dynamik im Team zum Schlechteren.
Fazit zu Quiet Quitting
Das Fazit lautet also, dass der Balanceakt zwischen Erfolg und mentaler Gesundheit nicht scheitern muss. Es gibt genügend Ansatzpunkte, um ein gemeinsames Erfolgs- und Zufriedenheitsmodelle für Arbeitgeber:innen und Mitarbeitende zu finden. Wichtig dabei ist vor allem - wie so oft - eine offene und ehrliche Kommunikation.