Umgang mit Trauer(-fällen) am Arbeitsplatz: So kannst du Mitarbeitende unterstützen

29.7.2024

Der Umgang mit Trauerfällen fällt in den meisten Kontexten schwer – so auch am Arbeitsplatz. Finde in diesem Artikel heraus, wie du dich selbst und Mitarbeitende unterstützen kannst.

Imen Besrour: Likeminded Psychologin & Autorin

Inhalt

Trauer am Arbeitsplatz ist nicht nur ein persönliches, sondern auch ein organisatorisches Thema, das die Unternehmenskultur, das Arbeitsklima und die Arbeitsabläufe beeinflussen kann. Sie bezieht sich auf den emotionalen Schmerz und den Verlust, den Mitarbeiter:innen erleben, wenn ein Kollege, eine Kollegin oder eine Führungskraft verstirbt. Dieser Verlust kann eine erschütternde Erfahrung sein, die nicht nur das persönliche Leben der Betroffenen, sondern auch die Dynamik am Arbeitsplatz beeinflussen kann. In dieser Zeit ist es von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen einfühlsam und proaktiv reagieren, um ihren Mitarbeiter:innen die bestmögliche Unterstützung zu bieten. In diesem Artikel finden Sie einen Leitfaden für den Umgang mit Trauerfällen am Arbeitsplatz.

Wie können Mitarbeitende sensibel informiert werden

Wenn ein:e Kolleg:in oder ein:e Vorgesetzte:r verstirbt, ist es wichtig, dass Mitarbeiter:innen auf sensible und empathische Weise darüber informiert werden. Eine persönliche Mitteilung in einer Teamsitzung oder per E-Mail kann angemessen sein, aber auch persönliche Gespräche sollten angeboten werden, um auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen einzugehen. Letztendlich ist es wichtig, dass die Verkündung klar und einfühlsam weitergegeben wird, ohne dabei unterbrochen zu werden und das Setting bewusst zu wählen oder passend zu gestalten.

Hier einige praktische Hinweise:

  • Einfühlsamer Ton: Achten Sie darauf, dass der Ton respektvoll und sensibel ist. Ein ruhiger und mitfühlender Ansatz zeigt, dass Sie die Gefühle der Mitarbeiter:innen respektieren.

  • Unterbrechungen vermeiden: Stellen Sie sicher, dass während der Verkündung keine Unterbrechungen auftreten. Das bedeutet, dass Handys ausgeschaltet oder stummgeschaltet werden sollten und andere Ankündigungen oder Hintergrundgeräusche minimiert werden.

  • Passendes Setting: Wählen Sie einen ruhigen und privaten Ort, um die Nachricht zu übermitteln. Vermeiden Sie belebte oder öffentliche Bereiche, in denen andere Personen die Verkündung mithören könnten. Ein Besprechungsraum oder ein abgeschlossener Bürobereich kann ein geeigneter Ort sein.

  • Unterstützung anbieten: Nach der Verkündung ist es wichtig, Raum für Fragen und Gespräche zu lassen. Bieten Sie Unterstützung an, indem Sie beispielsweise die Möglichkeit für Einzelgespräche oder den Kontakt zu Trauerberater:innen oder EAP (Employee Assistance Programs) erwähnen.

  • Schrittweise Informationen: Stellen Sie sicher, dass Sie nicht zu viel auf einmal mitteilen. Beginnen Sie mit den wichtigsten Informationen und lassen Sie Raum für zusätzliche Details oder Fragen, je nachdem, wie die Mitarbeiter:innen reagieren.

Eine Möglichkeit, Mitarbeiter:innen zu informieren, könnte darin bestehen, eine Gedenktafel oder eine virtuelle Gedenkseite einzurichten, auf der Mitarbeitende Erinnerungen teilen können. Darüber hinaus könnte eine Gedenkveranstaltung organisiert werden, bei der Mitarbeiter:innen die Möglichkeit haben, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken und gemeinsam zu trauern. Diese Optionen sollten jedoch nur in Betracht gezogen werden, wenn sie mit der Unternehmenskultur übereinstimmen, da sie sonst unauthentisch wirken und somit kontraproduktiv wahrgenommen werden könnten.

So kann man Unterstützung für trauernde Mitarbeiter:innen bereitstellen

Die Bewältigung eines Trauerfalls am Arbeitsplatz kann eine enorme Belastung für die betroffenen Mitarbeiter:innen bedeuten. Der Verlust kann tiefe Trauer und Unsicherheit auslösen, was sich auf die Stimmung, Konzentration und Leistung auswirken kann. Unternehmen sollten daher Ressourcen bereitstellen, um ihnen in dieser schwierigen Zeit Unterstützung anzubieten. Dazu könnten externe Beratungsdienste, Trauergruppen oder spezialisierte Workshops gehören, die helfen, mit dem Verlust umzugehen und die mentale Gesundheit zu stärken.
Zusätzlich kann die Bereitstellung von informativen Materialien, wie Broschüren oder Online-Ressourcen (beispielsweise eine Sammlung von hilfreichen Links), den Mitarbeiter:innen dabei helfen, den Trauerprozess alleine zu verstehen und zu bewältigen. Wenn es möglich ist, könnte man den direkt betroffenen Kolleg:innen auch die Möglichkeit bieten, von zu Hause aus zu arbeiten, um den Übergang zum neuen "Arbeitsalltag" zu erleichtern.

Wie geht man mit trauernden Kollegen und Kolleginnen um?

Es ist wichtig zu erkennen, dass Menschen unterschiedlich mit Trauer umgehen. Einige möchten über ihre Gefühle sprechen und Unterstützung erhalten, während andere lieber alleine trauern. Als Kolleg:innen ist es wichtig, stets empathisch zu sein und den trauernden Mitarbeiter:innen Raum und Zeit für ihre Emotionen zu geben. Einfache Gesten wie ein aufmunterndes Lächeln, eine Umarmung oder ein freundliches Gespräch können bereits viel Trost spenden.

In der westlichen Gesellschaft verlassen wir uns stark auf Medizin, um die körperlichen und psychischen Leiden zu lindern, die wir erfahren. Vielleicht liegt es zum Teil daran, dass viele Menschen erwarten, den Verlust irgendwann zu "überwinden" und zu ihren Gewohnheiten, Einstellungen und Gefühlen vor dem Verlust zurückkehren - als wäre die zugefügte Wunde ein physischer Schnitt, der heilen und mit der Zeit "wie neu" sein würde (Massimi, M., & Baecker, R. M. (2011, May). In der Realität verläuft es jedoch anders. Es ist wichtig zu verstehen, dass dieser Prozess nicht einfach nach einer gewissen Zeit "vorbei" ist und die Trauer dann verschwindet. Selbst nach Monaten oder Jahren sollte es bestenfalls genügend Raum dafür geben, um über Trauer oder Erinnerungen an die verstorbene Person zu sprechen.

Einfühlsames Trösten

Beim Trösten von trauernden Kolleg:innen ist es wichtig, einfühlsam und authentisch zu sein. Vermeiden Sie gut gemeinte Ratschläge oder Plattitüden, sondern zeigen Sie stattdessen Ihr Mitgefühl und Ihre Unterstützung. Ein offenes Ohr zu haben und der trauernden Person zu signalisieren, dass Sie da sind, kann bereits eine große Hilfe sein.

Eine einfache, jedoch unterschätzte Frage ist: "Was brauchst du gerade?" statt anzunehmen zu wissen, wie jemand adäquat unterstützt werden kann oder möchte. So kann man auf einfache Weise produktiv da sein und macht damit selten etwas falsch.

Teilnahme an der Beerdigung

Die Frage, wer an der Beerdigung teilnehmen sollte, ist oft eine persönliche Entscheidung und hier gibt es, wie oft im Leben, kein richtig oder falsch. In der Regel werden enge Kolleg:innen und Vorgesetzte erwartet, an der Beerdigung teilzunehmen, um ihr Beileid auszudrücken und Unterstützung zu zeigen. Es ist jedoch wichtig zu respektieren, wenn Mitarbeiter:innen sich entscheiden, nicht teilzunehmen, und ihnen alternative Möglichkeiten (wie beispielsweise eine bedachte Trauerkarte, s.u.) der Anteilnahme anzubieten.

Trauerkarte und Anteilnahme

Eine einfühlsame und persönliche Nachricht in einer Trauerkarte kann für trauernde Mitarbeiter:innen von großer Bedeutung sein. Zeigen Sie Mitgefühl und Unterstützung, indem Sie Ihre Gedanken und Gefühle ehrlich ausdrücken. Vermeiden Sie Floskeln und seien Sie stattdessen authentisch und einfühlsam. Eine valide Möglichkeit ist es auch, Geld in eine Trauerkarte zu legen, um den trauernden Angehörigen finanzielle Unterstützung anzubieten.

Erinnerungskultur im Unternehmen

Das Einrichten einer Gedenktafel oder einer virtuellen Gedenkseite ermöglicht es Mitarbeitern, Erinnerungen zu teilen. Optional können Gedenkveranstaltungen organisiert werden, um gemeinsam zu trauern. Diese Maßnahmen sollten zur Unternehmenskultur passen, um Authentizität zu gewährleisten.

Umgang mit Suizid eines Kollegen oder einer Kollegin

Der Umgang mit Suizid kann extrem herausfordernd und belastend sein. Insgesamt sollten Unternehmen, Kolleg:innen und Freund:innen darauf achten, geduldig und verständnisvoll mit der Person zu sein, die Trauer aufgrund von Suizid erlebt. Der Weg der Trauer ist individuell, und es gibt keinen "richtigen" oder "falschen" Weg, mit dem Schmerz umzugehen. Die Hauptsache ist, dass man füreinander da ist und Unterstützung anbietet, ohne Druck oder Erwartungen aufzubauen. 

Hier sind einige Hilfestellungen aus verschiedenen Perspektiven:

Kolleg:innen können unterstützend wirken, indem sie sich gegenseitig in dieser schweren Zeit beistehen und sich informelle Meetings einstellen. Durch kleine Gesten wie gemeinsames Zuhören, das Teilen von Erinnerungen oder das Anbieten praktischer Hilfe kann bereits von großer Bedeutung sein. Man sollte darauf achten, Raum für unterschiedliche Emotionen zu lassen und niemanden zu drängen, schneller über den Verlust hinwegzukommen.

Als Freund:in ist es hilfreich, sich Zeit zu nehmen, um zuzuhören und empathisch zu sein. Ein einfaches "Ich bin für dich da" kann oft mehr Trost spenden als umfangreiche Ratschläge. Manchmal genügt es, physisch anwesend zu sein oder kleine Hilfsangebote zu machen, wie beispielsweise Mahlzeiten vorbeizubringen oder Alltagsaufgaben zu übernehmen.

Die Selbstfürsorge sollte im Vordergrund stehen: ausreichend schlafen, sich gesund ernähren und körperlich aktiv sein können dazu beitragen, die Trauer zu reduzieren. Manche Menschen finden auch in kreativen Aktivitäten, wie Schreiben oder Malen, einen Weg, ihre Gefühle auszudrücken. Wichtig ist es, die Emotionen nicht zu unterdrücken und sich zu “erlauben” sie zu spüren, auch wenn sie schmerzhaft sind.

Falls die emotionalen Schmerzen jedoch alleine nicht zu bewältigen sind, ist es wichtig, sich Unterstützung zu holen. Dies kann durch Gespräche mit Freunden, der Familie oder Therapeut:innen erfolgen. 

Fazit zum Thema Trauer am Arbeitsplatz

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen einfühlsam, unterstützend und proaktiv auf die Trauer am Arbeitsplatz reagieren, um ihrer Mitarbeiterschaft in schwierigen und sensiblen Zeiten beizustehen und um ihre psychische Gesundheit zu bewahren und zu fördern.

Dies erfordert eine einfühlsame Kommunikation, bei der den Mitarbeiter:innen Raum gegeben wird, ihre Gefühle auszudrücken, sowie die Bereitstellung von Ressourcen wie Trauerberatung, flexiblen Arbeits-Arrangements (wenn möglich) und externen Unterstützungsprogrammen. Darüber hinaus ist es wichtig, eine unterstützende Arbeitsumgebung zu schaffen, die von Mitgefühl und Verständnis geprägt ist, um ein Gefühl der Gemeinschaft und Fürsorge zu fördern. Durch Trauer-Maßnahmen können Unternehmen nicht nur die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter verbessern, sondern auch eine Kultur des Zusammenhalts und der Fürsorge am Arbeitsplatz etablieren.

FAQ

► Wie informiere ich meinen Arbeitgeber über einen Todesfall?

Es ist ratsam, den Arbeitgeber persönlich oder telefonisch über den Todesfall zu informieren. Gib die relevanten Details an und bespreche, wie ihr während dieser Zeit vorgehen möchtet.

► Wird man bei der Beerdigung freigestellt?

In der Regel gewähren viele Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Freistellung für die Teilnahme an Beerdigungen von Familienmitgliedern oder engen Freunden. Es ist wichtig, die Unternehmensrichtlinien zu diesem Thema zu überprüfen und gegebenenfalls mit dem Vorgesetzten zu besprechen.

► Wie lange wird man krankgeschrieben?

Die Dauer der Krankschreibung kann je nach den individuellen Umständen und dem Arbeitsvertrag variieren. In vielen Fällen können Mitarbeitende für einen begrenzten Zeitraum krankgeschrieben werden, um sich angemessen mit dem Verlust auseinanderzusetzen und zu trauern.

► Wann gibt es Sonderurlaub? Wo ist der Sonderurlaub geregelt?

Sonderurlaub wird oft bei einem Todesfall in der Familie oder im engen persönlichen Umfeld gewährt. Die Bedingungen für Sonderurlaub sind in der Regel im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in den Unternehmensrichtlinien festgelegt. Es ist ratsam, diese zu überprüfen oder sich an die Personalabteilung zu wenden, um Informationen darüber zu erhalten, wie Sonderurlaub beantragt und gewährt wird.

Quellen
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